In Zeiten des disruptiven Wandels durch die Corona Pandemie hat sich Swing Pricing für die Fondsgesellschaften als ein sehr hilfreicher Mechanismus erwiesen. Denn die jüngsten nicht vorher zu sehenden Börsenturbulenzen haben unserer Branche vor Augen geführt, dass die Instrumente zur Liquiditätssteuerung besser früher als später eingeführt werden sollten. Es wurden dadurch erhebliche Erträge den Fonds gutgeschrieben. Nun ist dies auch für Fonds deutscher Provenienz möglich.
Streng genommen geht es weniger um die Schaffung eines Wettbewerbsvorteils, sondern eher um die Beseitigung eines Nachteils. An internationalen Fondsstandorten wie Luxemburg sind Instrumente wie Swing Pricing oder Redemption Gates längst üblich und einige Häuser haben in Luxemburg bereits seit Jahren Swing Pricing-Verfahren, mit teilweise ganz unterschiedlichen Automatisierungsgraden, eingeführt.
Unter Swing Pricing versteht man den Schutz der Bestandsinvestoren durch eine möglichst verursachungsgerechte Verteilung von Transaktionskosten bei institutionellen Publikumsfonds.
Hinter Swing Pricing verbirgt sich demzufolge ein Mechanismus zur effizienten Überwachung von Anteilscheingeschäften (sowohl Fondskäufe als auch Verkäufe) in einem Fonds mit der Zielsetzung der Reduktion der negativen Auswirkungen von Anteilscheingeschäften auf die Bestandsinvestoren und diese somit vor überdurchschnittlich hohen Transaktionskosten zu schützen. Erfolgen an einem bestimmten Tag ungewöhnlich hohe Fondskäufe oder Fondsrückgaben, werden die Anteilscheingeschäfte mit einer Art Gebühr, dem so genannten Swing Faktor, belegt. Die Erträge aus der Gebühr werden dem Fondsvermögen gutgeschrieben. Somit erhalten die Bestandsinvestoren einen Ausgleich für die überdurchschnittlich hohen Transaktionskosten, die an diesem Tag durch die Handelsaktivitäten Dritter in dem Fonds verursacht wurden. So erfolgt eine möglichst verursachergerechte Zuordnung der Kosten.
Swing Pricing erklärt sich durch die grundsätzliche Funktionsweise einer täglichen Überwachung der Netto-Anteilscheingeschäfte. Erfolgen an einem bestimmten Tag ungewöhnlich hohe Rückgaben von Anteilscheinen wird der NAV pro Anteil um einen Abschlag, dem Swing Faktor, verringert. Die Erträge aus diesem Abschlag werden ebenfalls dem Fonds gutgeschrieben.
Durch die Anwendung des Swing Pricings wird ab dem Wert, der über den normalen Zuflüssen und Abflüssen liegt, der Anlegerschutz in die Wege geleitet. Man spricht in diesem Kontext von einer Erreichung des definierten Schwellenwertes, ab dem der NAV pro Anteil um den Swing Faktor nach oben oder nach unten angepasst wird. Beim Swing Pricing wird davon ausgegangen, dass ein geringer Umfang an Anteilscheingeschäften durch die Liquiditätskosten eines Fonds sowie durch die aktive Steuerung abgedeckt werden und keine wesentlichen Transaktionskosten verursachen.
Somit tritt der Schutz für die Bestandsinvestoren durch Swing Pricing erst ein, wenn ein bestimmtes Niveau an Nettoanteilscheingeschäft überschritten wird.
Die Erträge aus dem Swing Pricing werden dem Fondsvolumen gutgeschrieben. Somit besitzen Fonds mit Swing Pricing langfristig eine bessere Wertentwicklung, wovon dann die Bestands- und Langfristinvestoren profitieren.
Für den Investor wird der Abrechnungspreis durch das Swing Pricing allerdings intransparenter. Zudem gilt der durch das Swing Pricing ermittelte Abrechnungspreis für sämtliche Investoren. Auch wenn ein Investor nur eine geringe Anzahl an Anteilen kauft bzw. zurückgibt wird er zum adjustierten Abrechnungspreis abgewickelt, wenn die Summe der Anteilscheingeschäfte den festgelegten Schwellenwert an diesem Tag überschreiten.
Ein Vorschlag zur Festlegung des Schwellenwertes wird i. d. R. durch das Portfoliomanagement und durch die Händler fondsspezifisch erstellt und einem Swing Pricing Ausschuss vorgelegt. Dabei wird die aktuelle Liquiditätssituation am Markt auf Basis von Transaktionskostenanalysen berücksichtigt.
Die Basis zur Bestimmung der Swing Faktoren und Schwellenwerte ist i. d. R. eine detaillierte Transaktionskostenanalyse aus dem Portfoliomanagement. Die Swing Faktoren werden, wie der Schwellenwert, durch den von dem Portfolio Management unabhängigen Swing Pricing Ausschuss überprüft und verifiziert.
Ein Swing Pricing Ausschuss überprüft den Schwellenwert und beschließt etwaige Änderungen zu Gunsten der Bestandinvestoren. Zum Schutz der Bestandinvestoren werden die Schwellenwerte nicht veröffentlicht, um Arbitragemöglichkeiten zu verhindern.
Weiterhin ist das Aussetzen des Swing Pricings durch den Swing Pricing Ausschuss zu jedem Geschäftstag möglich.
Beim Forward Pricing wird der Ausgabepreis des auf den Handelstag folgenden Tages als Abrechnungskurs für die Abwicklung von Anteilscheingeschäften zugrunde gelegt (damit werden von den Fondsgesellschaften Arbitragegeschäfte ausgeschlossen). Bei den meisten Häusern ist Swing Pricing grundsätzlich nur für Fonds vorgesehen, die mit Forward Pricing ausgestattet sind.
Wird an einem Tag der Schwellenwert überschritten werden sämtliche Fondskäufe bzw. -verkäufe inklusive dem gültigen Swing Faktor abgerechnet. Somit kann sich dieses auch positiv auf das Anteilscheingeschäft eines Investors auswirken. Zum Beispiel wird an einem bestimmten Tag der Schwellenwert für die Netto-Verkäufe überschritten, ein Investor kauft jedoch am gleichen Tag Anteile dieses Fonds, so wird der kaufende Investor ebenfalls zum geringeren Preis abgewickelt.
Es gibt verschiedene Verfahren am Markt, wie z.B. Single Swing Pricing (Anwendung Swing Pricing bei allen Rücknahmen oder Ausgaben eines Handelstages) und Partial Swing Pricing (Anwendung Swing Pricing erfolgt nur bei Überschreitung eines bestimmten Schwellenwertes) sowie Full Swing Pricing (Anwendung von Swing Pricing immer unabhängig von Höhe der Fondskäufe bzw. Verkäufe zum geschwungenen NAV pro Anteil). Zudem kann Swing Pricing grundsätzlich zusätzlich zu einem Ausgabeaufschlag bzw. Rücknahmeabschlag berechnet werden.
In der Praxis werden die Anleger nicht wissen, ob der NAV pro Anteil korrigiert wurde, da das Verfahren automatisiert und für den Investor nicht sichtbar durchgeführt wird.
Bei den meisten Häusern erfolgt Swing Pricing immer auf Ebene eines Gesamtfonds, nicht auf der Ebene einer Anteilklasse. Die Transaktionen werden in einem Fonds ebenfalls auf Ebene des Fonds und nicht auf Anteilklassenebene durchgeführt.
In den Verkaufsprospekten der betroffenen Fonds wird der Anleger informiert, dass Swing Pricing zum Einsatz kommen kann. Um Transparenz gegenüber den Anlegern zu schaffen, wird zunächst eine Definition von Swing Pricing und die damit verbundene Zielsetzung erläutert. Darauf aufbauend wird in den Verkaufsprospekten beschrieben, dass für die Fonds Single Swing Pricing durchgeführt werden kann und damit der Nachteil ausgeglichen wird, den bestehende Anleger (im Fall von Ausgaben) bzw. verbleibende Anleger (im Fall von Rückgaben) dadurch erleiden würden, dass der Nettokapitalfluss Transaktionen im Teilfonds auslöst. Des Weiteren wird der Anleger informiert, dass Swing Pricing nur dann ausgelöst wird, wenn ein gewisser Schwellenwert (dieser wird im Verkaufsprospekt i.d.R. nicht angegeben) überschritten wird.
Anfang März 2020 erlaubte der Bundestag nun auch deutschen Sondervermögen Swing Pricing und mit der Veröffentlichung im Amtsblatt Anfang April 2020 gilt dies nun. Nach der erfolgten Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt im April 2020 dürfen die Marktteilnehmer nun die neuen Instrumente, insbesondere Swing Pricing implementieren.
In Deutschland aufgelegte Wertpapier-Publikumsfonds (OGAW) und gemischte Investmentvermögen können somit bei der Berechnung ihres Nettoinventarwertes (NAV) künftig das Swing Pricing-Verfahren einsetzen. Den Anbietern wird außerdem erlaubt, Anteilsrückgaben zeitweise zu begrenzen (Redemption Gates) und Rückgabefristen einzuführen.
Die für offene Publikumsfonds im Alltag wohl wichtigste Änderung ist die Option, den NAV schwingen zu lassen.
Gerne unterstützen wir Sie auch bei der (Neu)-Ausrichtung oder Nachjustierung Ihrer Swing Pricing-Strategie oder auch bei der ganzheitlichen Umsetzung von einer Automatisierung bis hin zur Anpassung der Verkaufsprospekte. Gesamthaft muss dies mit den Themen Nachhaltigkeit und Digitalisierung berücksichtigt und im Einklang mit den Ressourcen eingeführt werden. Lassen Sie uns jetzt gemeinsam die Weichen hierfür stellen.
Peter Niemer, Senior Manager, itechx GmbH